okay - not okay

Auf Selbstliebe-Blogs, sparkling Instagram-Accounts und Mental Health-Seiten sehen wir häufig das Danach. Wir sehen die Ruhe nach dem Sturm, das verarbeitete, ästhetisch verpackte Emotionspaket, fotogen vor warmen Sonnenuntergängen platziert. Sanfte Wellen, leise Farben, Kraft am Horizont.

Doch ich frage mich, was mit dem Davor und Während ist? Bin ich die Einzige, die trotz und mit allem Wissen und aller Erfahrung immer wieder stecken bleibt? Bin ich tatsächlich allein damit, dass ich manchmal nicht weiterweiß, überwältigt, hoffnungslos und einsam in dieser Erfahrung. Ich glaube nicht, dass ich die Einzige bin, der es ab und zu so geht.

Die kapitalistischen Strukturen, die unsere Kultur formen, vereinnahmen sogar persönliche Weiterentwicklung, Selbstliebe und Therapie – Bereiche, die in ihrem politischen Kern widerständig sein können. Doch wir wollen nicht die messy Seiten sehen. Wir blenden die sozialen Dimensionen, die realen Begrenzungen durch diskriminierende Strukturen, die Folgen für das Wohl von Menschen haben, einfach aus. Show me the lesson you have learned, how you overcame obstacles to be a better person. Be shiny, be strong.

Doch manchmal habe ich einfach Angst, bin traurig oder wütend. Oft auch alles auf einmal, aus gutem Grund. Und das ist okay, denn all unsere Gefühle, unsere Fehler und unser Scheitern sind wertvoll und stark. Das Leben an sich bringt Freude und Schmerz. Die Gesellschaften, die wir erschaffen haben, alltägliche Erfahrungen der Gewalt. Echte Liebe umarmt all meine Gefühle: Die Wut, die sich der Gewalt widersetzt, die Angst, die sich in sich selbst versteckt, die Trauer, die kein Ufer kennt. Sie umarmt auch die Scham, die das Teilen dieser Erfahrungen mit sich bringt. Ich lasse sie durch mich hindurchfließen wie klärendes Wasser zur Heilung meiner Seele.

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